• Die Berufsbeistandspersonen sind in der Mandatsführung unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen weitgehend unabhängig
  • Sie erbringen ihre Leistungen unmittelbar beziehungsweise persönlich und handeln im Spannungsfeld von Ansprüchen der Klienten, der Gesellschaft und den ethischen Richtlinien eigenverantwortlich (Doppel-/Tripelmandat)
  • Basis der Zusammenarbeit zwischen der Beistands- und der verbeiständeten Person bilden der persönliche Kontakt und das Vertrauensverhältnis, welches es von der Beistandsperson ausgehenden behutsam aufzubauen gilt
  • Um allfällige Konflikte und Krisen bewältigen zu können, bedarf diese Beziehung der besonderen Pflege
  • Die Berufsbeistandsperson hat sie sich mit Blick auf die Klienten jeweils eine eigene und unabhängige Meinung zu bilden und ihr Handeln an den legitimen Interessen der Klienten auszurichten
  • Wo nicht dem gesetzlichen Auftrag zuwiderlaufend oder gegen die ethischen Regeln verstossend, sind die Selbstbestimmungsrechte der Klienten zu respektieren, ihre persönlichen und vertretungsfeindlichen Rechte zu beachten und ihre Grundrechte zu schützen.
  • Das Vertrauensverhältnis zwischen den Beistandspersonen und ihren Klienten beruht auf dieser Verschwiegenheit
  • Ausnahmen von der Schweigepflicht gelten gegenüber denjenigen Stellen, die im Interesse der betreuten Person darauf angewiesen sind, informiert zu werden
  • Es dürfen nur die für den verfolgten Zweck unbedingt notwendigen Informationen mitgeteilt werden
  • Berichte und Stellungnahmen sind nur an autorisierte Stellen unter grundsätzlicher Zurückhaltung und Beachtung der Datenschutzgesetzgebung.
  • In Strafverfahren gegen eine verbeiständete Person besteht für die Beistandsperson ein Zeugnisverweigerungsrecht. Ebenso kann sie vor dem Zivilrichter die Aussage über persönliche Verhältnisse der betreuten Person verweigern

Folgende Kriterien, die der Qualitätssicherung in der Betreuungsarbeit dienen, sind von den Berufsbeistandspersonen zu berücksichtigen und mitzugestalten:

  • Entwicklung einer konstruktiven Fehlerkultur
  • Regelmässiger Fachaustausch mit Berufskollegen, strukturierte Fallbesprechungen und Supervision
  • Einarbeitungskonzepte und interne Schulung
  • Regelung von Stellvertretungen und adäquate Entlastung für die Einarbeitung bzw. für Weiterbildung
  • Eine für alle Klienten ausgewogene Verteilung von zeitlichen Ressourcen. Reflexionsbereitschaft und der Wille, in der Zusammenarbeit mit Klienten und Dritten die unterschiedlichen Zuständigkeitsgrenzen zu erkennen und mit anderen Fachdisziplinen und Behörden zu kooperieren
  • Verantwortungsvoller und sorgfältiger Umgang mit Macht und Ohnmacht angesichts von schutz- und hilfebedürftigen Klienten
  • Gegebenenfalls Zurückweisung von Aufträgen, wenn die zeitlichen Ressourcen1 und/oder fallspezifischen Kompetenzen nicht vorhanden sind.

Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Kindes- und Erwachsenenschutzgesetz hat direkte Auswirkungen auf die Arbeitstätigkeit von Beistandspersonen. Aus diesem Grund wurde vom Sekretär VBBRB das aus dem Jahr 2005 stammende Anforderungsprofil komplett überarbeitet. Der Textentwurf wurde Ende 2016 den Mitgliedern der Regionalverbände zur Vernehmlassung zugestellt. Der schweizerische Dachverband SVBB-ASCP hat seinen Mitgliedern im Herbst die Übernahme des Anforderungsprofils empfohlen. Das Anforderungsprofil an Berufsbeiständinnen und Berufsbeistände wurde am 13.09.2017 von der Mitgliederversammlung einstimmig angenommen und in der Folge vom Dachverband zusätzlich in die Landessprachen deutsch und italienisch übersetzt.

© 2017 by Marcel Borer, Sozialarbeiter, Berufsbeistand und Supervisor

1 Der SVBB kommt 2012 in einer wissenschaftlichen Studie am Beispiel von Biel (BE) zum Schluss, dass eine Berufsbeistandsperson im Erwachsenenschutz mit einem Anstellungs­-grad von 100% und einer administrativen Unterstützung von 100% maximal 70 Fälle pro Jahr führen kann. Werden ausschliesslich kindesschutzrechtliche Mandate geführt, so ist die Fallobergrenze um ein Drittel auf maximal 45 Fälle zu reduzieren.